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25. bis 26. Juni 2015: EUROCITIES Studienbesuch in Nantes

Im Rahmen der EUROCITIES Working Group Homelessness wurde im Juni ein Study Visit zum Thema “Obdachlose Menschen mit multiplen und komplexen Problemlagen” durchgeführt.

Die TeilnehmerInnen – VertreterInnen der Stadtverwaltungen aus Oslo, Newcastle, Lissabon, Brno, Ljubljana, Göteborg, Brighton-Hove und Wien – erhielten im Rahmen des 2-tägigen Besuches Einblick in die Angebote für obdach- bzw. wohnungslose Menschen in Nantes.

Im Vorfeld wurden alle teilnehmenden Städte gefragt, wen sie zu dieser Gruppe zählen und mit welchen Problemlagen sie konfrontiert sind. Dabei stellte sich heraus, dass in allen Städten ähnliche Herausforderungen bestehen: obdachlose Menschen, die eine psychische Beeinträchtigung haben und teilweise zusätzlich eine Suchterkrankung aufweisen. Diese Menschen sind über das Regelangebot in der Wohnungslosenhilfe nur schwer erreichbar. In einigen Städten wird das Housing-First-Modell, wonach obdachlose Menschen direkt in die eigene Wohnraum mit adäquater, mobiler Betreuung ziehen können, ohne sich vorher in einer Einrichtung „qualifizieren“ zu müssen, als vielversprechender Ansatz gesehen, die Zielgruppe nachhaltig mit Wohnraum und Betreuung zu fördern. Lissabon, Brighton-Hove, Newcastle, Oslo, Göteborg und Wien haben in den vergangenen Jahren erste Pilotprojekte gestartet.

Auch die Stadt Nantes unternimmt große Anstrengungen, obdach- bzw. wohnungslosen Menschen, insbesondere mit komplexen Problemlagen, trotz des engen Budget- und Kompetenzrahmens ein adäquates Angebot zur Verfügung zu stellen. Besichtigt wurde u. a. ein niedrigschwelliges Nachtquartier, das Personen in Notlagen ohne Aufnahmevoraussetzungen ein Dach über dem Kopf gibt. Diese Einrichtung hat trotz geringer Budgetmittel aufgrund ihrer akzeptierenden Grundhaltung großen Erfolg bei der Weitervermittlung von NächtigerInnen in stabile Wohnverhältnisse. Ohne jeglichen Druck werden die NutzerInnen auf weiterführende Angebote aufmerksam gemacht bzw. – so die NutzerInnen über ausreichend eigene Ressourcen verfügen – bei der Verselbständigung in den eigenen Wohnraum unterstützt. Aufgrund des niedrigschwelligen Zugangs werden mit diesem Angebot auch obdachlose Menschen mit psychischen Erkrankungen erreicht, die eher davor zurückschrecken, das Hilfesystem in Anspruch zu nehmen. Inspiriert durch die Einrichtungsbesuche, den fachlichen Austausch und einen wissenschaftlichen Vortrag von Preben Brandt, einem Psychiater und Gründer des dänischen Vereins Udenfor für obdachlose Menschen, kamen die TeilnehmerInnen zu dem Schluss, dass institutionelle Settings mit strengen Auflagen weniger gut zur Stabilisierung von Menschen mit komplexen Problemlagen beitragen als Wohnangebote, in denen Empowerment und Harm Reduction im Vordergrund stehen.